Der Gründer

Zur Erinnerung an den Gründer des Musikvereins 1905 Ober-Wöllstadt e.V.

Pfarrer Karl Gord

 

Pfarrer Gord

 

Nachdem Pfarrer Karl Gord einen Aufruf zur Gründung eines Musikvereins erlassen hatte, kam es am  03.Dezember 1905 in der Gastwirtschaft von Alois Knaf zur Gründungsversammlung.

Unmittelbar nach Gründung traten dem "Kirchenmusikverein Ober-Wöllstadt" 24 Mitglieder bei. Die "Statuten" des Vereins wurden verabschiedet und blieben 73 Jahre gültig. In Paragraph 2 jener Statuten war geregelt: "Seine Aufgabe (Die Aufgabe des Vereines, Anm. Admin) ist die Verherrlichung des Gottesdienstes durch Instrumentalmusik, ferner gediegene und würdige Unterhaltung der Mitglieder."

Damit war der Zweck des Vereins klar umrissen. Dem am Gründungstag gewählten ersten Vorstand gehörten an:

Pfarrer Karl Gord als erster Vorsitzender, Lehrer Konstantin Kraus, sowie Philipp Ewald und Alois Meisinger. Kraus war dem damaligen Bürgermeister Gottfried Gondolf und dessen Familie freundschaftlich verbunden, blieb aber in Ober-Wöllstadt nur vom November 1904 bis zum Juni 1907 als 1. Lehrer tätig.

 

Wer aber war Karl Gord? Wo kam er her und wie war sein Werdegang?

Gord wurde am 17.02.1866 in Büdesheim bei Bingen geboren. Sein Vater war ein Landwirt, der den Sohn nach Mainz zur Schule schickte, die dieser mit der Matura (dem Abitur) abschloss. Danach folgten drei Semester Theologiestudium in Eichstätt und Gords Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger beim 87. Infanterieregiment.
Wenige Tage nach seinem 25. Geburtstag weihte ihn Bischof Haffner im Mainzer Dom zum Priester. Es folgte die damals übliche Kaplanszeit, die Gord nach Offenbach, Neustadt, Kastel und Eppertshausen führte. Dort wurde er schon nach 14 Tagen zum Pfarrverwalter ernannt, war aber bereits nach 3 Monaten wieder Kaplan, diesmal an St. Stephan in Mainz. Etwas mehr als ein Jahr später, am 30.10.1895,  berief ihn der Bischof zum  Pfarrverwalter nach Undenheim. Gerne wollte ihn der dortige Gemeindevorstand als Pfarrer im Ort behalten, aber sein Bischof hatte anderes mit ihm im Sinn. Er sandte ihn am 01.04.1897 als Pfarrverwalter nach Sulzheim, das vier Monate später zu seiner ersten eigenen Pfarreistelle wurde. Hier gründete er 1900 eine Kirchenmusik, quasi wie überall, wohin es ihn auf eine Pfarrstelle verschlug.

So ganz glücklich schien er mit der dortigen Gemeinde nicht geworden zu sein. Gleichwohl verzichtete er erst nach 7 1/2 Jahren auf die Sulzheimer Pfarrstelle und tauschte zum 16. März 1905 mit dem bisherigen Pfarrverwalter Ober-Wöllstadts, Dr. Friedrich Rauch, den Amtssitz.

Am 24. 03.1905 teilt Gord dem Kreisamt schriftlich mit, dass ihm die Akten und Mobilien in der Kirche und im Pfarrhaus ohne Anstände übergeben worden seien. Er war damit der dritte Pfarrverwalter in Ober-Wöllstadt seit dem Weggang von Pfarrer Schweinsberger im April 1901. Als Karl Gord mit Wirkung vom  21.11.1905 die Pfarrei St. Stephanus endgültig als Pfarrer übertragen bekam, hat er den Wunsch, zum Gottesdienst eine Kirchenmusik zu haben durch die Gründung des Musikvereins Ober-Wöllstadt am 03. Dezember 1905 mit Leben erfüllt.
Drei Monate später wird von einem Auftreten des "Kirchenmusikverein Ober-Wöllstadt" mit "bescheidenen Chorälen" berichtet und am 03. Juni 1906 stellten sich die damaligen Musiker das erste Mal einer breiten Öffentlichkeit.

In der Folgezeit hat Pfarrer Gord mit dem Kirchenmusikverein Ober-Wöllstadt regelmäßig geübt und die Kapelle spielte beim Gottesdienst und anderen kirchlichen Gelegenheiten. Als eifrigem Förderer seiner Wöllstadter Kirchenmusik tat es ihm und seinen Musikanten leid, dass er nach knapp 7 Jahren am 15. Januar 1912 seine hiesige Pfarrei und den Verein in andere Hände übergeben musste. Wieder erreichte ihn eine bischöfliche Versetzungsorder, diesmal nach Ober-Flörsheim bei Worms. Es dürfte klar sein, was folgte. Die Gründung einer Kirchenmusik in Ober-Flörsheim erfolgte am 20.10.1912.

Unmittelbar nach Kriegsbeginn 1914 hatte Gord sich als "Gedienter" zum Einsatz im Felde melden wollen (Anlass war wohl ein Aufruf des XVIII. Armeekorps), aber das Gesuch wurde vom Bischof abgelehnt. So blieb Pfarrer Karl Gord den Krieg über in Ober-Flörsheim und betrieb auch dort mit Schwung seine geliebte Kirchenmusik. Im Sommer 1923 gründete er einen losen Verband katholischer Kirchenmusikvereine und rief auch eine Zeitschrift, den Herrgottsspielmann, ins Leben. Darin schrieb er über sein großes Thema, die Bläserchöre, und schlug in Artikeln den Zusammenschluß aller Kirchenmusikvereine im Deutschen Reich vor.

Diese Idee blieb zu Lebzeiten Gords unerfüllt. Erst 1948 nach dem Katholikentag in Mainz gelang es, auf dem Kirchenmusikengründungswerk des Pfarrers Gord fußend - ein Grossbläserchor von 428 Musikern aus der ganzen Diözese Mainz war anlässlich des Katholikentages zusammengestellt und mit einheitlichem, selbst geschaffenem Notenmaterial ausgestattet worden - einen eigenständigen Musikverband der Bläserchöre im Bistum Mainz aus der Taufe zu heben.

Pfarrer Karl Gord wurde ab dem 01.01.1925 die Pfarrei Ockenheim übertragen. Schon nach 3 Wochen ernannte man ihn zum "Präsidenten des Musikvereins Ockenheim".

Einige Jahre später, nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten und dem Anbruch des Naziregimes, versuchten die örtlichen Machthaber Gord durch ein Schreiben, das er 1919 verfasst hatte, in Misskredit zu bringen. Ihre Behauptung Gord sei "Separatist" sollte ihn bei seinen Pfarrkindern und Musikern diskreditieren. Das Bischöfliche Ordinariat jedenfalls stellte sich vor seinen eifrigen Kirchenmusiker und Gord blieb unbeschadet. Am 01. Mai 1936 trat Pfarrer Karl Gord in den Ruhestand, zog nach Jugenheim, wurde 1941 mit dem Titel "Geistlicher Rat" ausgezeichnet und starb einundachtzigjährig am 01.10.1947.

Seine letzte Ruhestätte fand er im Familiengrab auf dem Friedhof seines Geburtsortes Büdesheim.